Dieses „heiße Eisen“ haben Wolfgang Prinzenberg und Dr. Oliver Pragal in der neuen Wistra angefasst (Pragal/Prinzenberg, Strafvereitelungsrisiken bei Internal Investigations, Wistra 7/2023, S. 275 ff.).
Besonderer Dank gebührt Prof. Dr. Wolfgang Spoerr für das wertvolle peer-review.
Der Beitrag widmet sich der ausgesprochen praxisrelevanten, jedoch überraschend wenig diskutierten Frage, unter welchen Voraussetzungen die mit der Durchführung einer Internal Investigation beauftragten Rechtsanwälte sowie die Verantwortlichen des Auftraggebers in Gefahr laufen können, sich wegen Strafvereitelung strafbar zu machen.
Der Beitrag betrachtet die in der Praxis neuralgischen Fallkonstellationen und unternimmt den Versuch einer Klärung der dogmatischen Grundlagen, um auf dieser Grundlage eine Orientierungshilfe für den Praktiker zu bieten.
Wir diskutieren u.a. folgende Fallgruppen (wohlgemerkt: stets unter der Voraussetzung eines Strafvereitelungsvorsatzes):
- sachwidrige Einengung des Untersuchungsauftrages und -berichts in personeller, sachlicher oder zeitlicher Hinsicht,
- sachwidrige Beschränkung der zu erhebenden Datengrundlage (etwa unter dem Vorwand von Datenschutzvorgaben): z.B. unvollständiger Abgleich von Datenkategorien, kein Abgleich von Mails gegenüber Datenbanken/Gruppenlaufwerken und physischen Dokumenten, keine Berücksichtigung von besonderen Dateitypen (Transaktionsdaten, Programmierungsdaten, Buchhaltungsdaten),
- die Befragung von Mitarbeitern (sog. „Custodians“) ohne Abstimmung mit der Staatsanwaltschaft (Abwandlung: in Kenntnis, dass diese „Vorwarnung“ z.B. zur Manipulation der späteren Zeugenaussage oder zur Vernichtung von Belastungsbeweisen genutzt wird),
- das Übergehen oder Beeinflussen relevanter „Custodians“ bei Befragungen, die Führung von gezielt unergiebigen Interviews (z. B. „freihändig“ statt auf der Grundlage einer vorhandenen oder verfügbaren Datenauswertung, Verzicht auf Vorhalte) oder die beschönigende Protokollierung einer Aussage,
- Vernichten belastender Beweismittel (z.B. E-Mail-Postfächer oder Laufwerke),
- die Speicherung des im Rahmen der sog. eDiscovery erfassten Gesamtdatenbestandes auf Servern im Ausland, um diese dem staatlichen Zugriff zu entziehen,
- das Liefern von Beweismitteln (insbesondere Daten) in bewusst ungeordneter Form oder in einer zum Zwecke der Behinderung der Justiz sachwidrig „aufgeblähter“ Menge oder unter Verstoß gegen eine sog. „Datenlieferungsvereinbarung“,
- die Verzögerung der Untersuchung zwecks „Verschleppung“ oder zur Bewirkung von Verfolgungsverjährung,
- Verzicht auf die Abfassung oder Einreichung eines belastenden Berichts,
- Übergabe eines im Hinblick auf die Darstellung und Würdigung des Sachverhalts unvertretbar „geschönten“ bzw. „gekürzten“ Untersuchungsberichts an die Staatsanwaltschaft.