Neues zum Abrechnungsbetrug – Beschluss des OLG Karlsruhe zum Schadensumfang bei Quartalssammelerklärung mit teilweisen „Luftleistungen“: Das OLG Karlsruhe hat in seinem Beschluss vom 10.04.2024 eine grundlegende und erfreulich restriktive Entscheidung zum Umfang des Betrugsschadens bei ärztlichen Quartalssammelerklärungen mit teilweisen „Luftleistungen“ getroffen (1 Ws 80/24).
Es geht dabei um einen Arzt, der im Rahmen einer Quartalssammelerklärung über rund 1,2 Mio. € neben einer Vielzahl ordnungsgemäß erbrachter sonstiger Leistungen auch 37 nicht erbrachte Corona-Schutzimpfungen im Umfang von 804 € abgerechnet hatte.
Unter Berufung auf den streng-formalen Schadensbegriff sowie die „Garantiefunktion“ der Quartalssammelerklärung hatte die Staatsanwaltschaft einen Schadensumfang von rund 1,2 Mio. € angenommen und Anklage zum Landgericht erhoben. Das Landgericht hatte indessen das Hauptverfahren „nur“ vor dem Amtsgericht (Schöffengericht) eröffnet, da es lediglich von einem Betrugsschaden im Umfang von 804 € ausgegangen war. Diese Entscheidung hatte sodann das OLG Karlsruhe auf die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft bestätigt. Diese erfreulich restriktive Entscheidung ist angesichts des Schuldprinzips zu begrüßen.
Eine genaue Betrachtung zeigt indessen, dass der Weg zu diesem Ergebnis etwas komplizierter ist, als das OLG Karlsruhe meint. Denn das OLG möchte den Schadensumfang auf die „Luftleistungen“ im Umfang von 804 € mit der Begründung begrenzen, dass der Arzt schließlich trotz der Unwirksamkeit der Quartalssammelerklärung einen Anspruch auf Neufestsetzung seines Honorars im Umfang der tatsächlich erbrachten Leistungen besitze. Zu beachten ist nämlich im Kontext der Saldierung der Vermögenspositionen bei der Schadensbestimmung, dass die Entstehung des korrekten Honoraranspruchs von einer Antragsstellung und Prüfung durch die Krankenversicherung abhängt, welche durchaus kritisch und entsprechend langwierig ausfallen kann. Zudem ist diese mit einem erheblichen Schätzungsermessen verbunden.
Erst am Abschluss dieses Prozesses steht ein neuer Honorarbescheid und die Auszahlung des tatsächlich verdienten Honorars. Es ist also mindestens „kühn“, wenn das OLG Karlsruhe zur Begründung des sehr geringen „Differenzschadens“ von „nicht erloschenen Honoraransprüchen“ des Arztes spricht, die tatsächlich im Tatzeitpunkt noch gar nicht entstanden waren. Falls Sie mehr zu diesem Thema erfahren möchten, können Sie uns gerne jederzeit kontaktieren. Wir würden uns sehr darüber freuen, Fragen jeglicher Art für Sie zu beantworten.